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Predigt im Gottesdienst durch

Regionalbischöfin i.R.

 

 

 

Ansprache zur Eröffnung des „Weges der Toleranz“ am 15. Sept. 2013 in Zella St. Blasii nach dem Gottesdienst:

 

Hans-Joachim Köhler, Opfr. i.R.

 

Eine Toleranz ist die variable Entfernung zwischen zwei relativ festen Konstanten.

Diese Entfernung kann unterschiedlich groß oder klein sein.

Sie ist nicht darauf aus, sich zu verschmelzen.

Sie sorgt dafür, dass zwei unterschiedliche Größen zusammen kommen können, ohne dass sie sich aufreiben und zerstören.

Sie gehören auch in ihrer Unterschiedlichkeit zu einem Ganzen.

 

Diese Erkenntnis der Einheit in der Unterschiedlichkeit konnten unsere Reformatoren und die Täufer in den historischen Umschwüngen der Reformationszeit nicht umsetzen. So haben sie sich gegenseitig nicht akzeptiert, ja sogar verdammt.

 

Wir wollen auch mit dieser Enthüllung dieses Denkmales an diese Zeit erinnern und GeDenkAnstöße geben.

Dazu soll neben den beiden Denkmalen auch der „Weg der Toleranz“, den wir heute in der Erinnerung an die getöteten Täufer vom 18. Januar 1530 eröffnen, ein Erinnerungszeichen sein.

Er wird diese beiden seit 1111 historisch zusammengehörende Orte nun auch in der Bewältigung der bald 500jährigen Trennung zusammenführen.

So können wir diese Toleranz der variablen Entfernung nun verringern.

 

Der “Weg der Toleranz“ führt 36 Kilometer

vom „Spirituellen Zentrum Reinhardsbrunn“

über die Kirche in Friedrichroda,

den Roten Weg zum Posseröder Kreuz.

Von da den Rennsteig entlang

über die Ebertswiese

an den Grenzen der Ämter Reinhardsbrunn, Georgenthal und Schwarzwald

bis zum „Stein 16“.

Dort läuft er über die Zellaer Loipe zum Veilchenbrunnen

und von da über die „Alte Straße“ am Zella-Mehliser Friedhof

und den ehemaligen Mönchsweg vorbei

über die Oberzella

zur Kirche Zella St. Blasii.

 

Was lernen wir aus den Widersprüchen der Reformation?

Wir lernen, dass unser Leben nicht eindeutig, sondern vielschichtig ist.

Wir lernen, dass das Zusammenleben von verschiedenen Menschen eine Toleranzzone (Duldungszone) erfordert.

Dies gilt für das Zusammenleben der Menschen und auch für ihren Glauben.

 

Diese Toleranzzone ist kein statisches Gebilde, sie muss immer wieder neu erarbeitet werden.

Eine Toleranzzone wird nicht unbegrenzt belastbar sein, aber sie muss in ihrer Standhaftigkeit ausgefüllt werden.

 

Was werfen wir den Reformatoren aus unserer heutigen Erkenntnis vor?

Sie haben ihre großen Verdienste, die nicht geschmälert werden,

aber sie waren Menschen ihrer Zeit,

mit den Erfahrungen ihrer Zeit,

mit den Beschränkungen ihrer Zeit,

mit dem Wissen ihrer Zeit,

mit den Ängsten ihrer Zeit;

aber auch mit den Hoffnungen und Wünschen ihrer Zeit.

 

Aus unserer Sicht sind die schwersten Fehler der Reformatoren die Verteufelung und die Verdammungen, ja sogar, wie wir leidvoll erfahren, auch die Hinrichtung von Andersdenkenden und Andersglaubenden.

 

Sie konnten natürlich nicht die Erwartungen der heutigen Menschen,

aber auch nicht alle Erwartungen der damaligen Menschen erfüllen.

 

Sie mussten Antworten auf ihre sie selbst betreffenden Lebensfragen finden und erarbeiten.

So wurden sie von prophetischen Visionären Menschen, die zum praktischen Handeln gefordert wurden.

Dabei trafen sie auch menschliche Entscheidungen,

die wir heute nicht immer nachvollziehen können und wollen.

 

Auch sie waren jeder als Mensch "simul justus et pekator" – zugleich Gerechte und Sünder.

 

Ich eröffne damit diesen „Weg der Toleranz“

in der Hoffnung und dem Glauben an den gemeinsamen Herrn und Gott Jesus Christus,

der uns Menschen in unserer Verschiedenheit als Gerechte und Sünder annimmt.

 

So können auch wir Menschen mit anderen Erfahrungen, Lebensformen

und Formen des Glaubens annehmen und tolerieren.     

                                                                    Amen     

 

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Hans-Joachim Köhler, Oberpfarrer i. R. | hansjoachimkoehler@msn.com