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 Reformation und Toleranz

 

GeDenk-Anstöße

zur Eröffnung des Themenjahres der Reformation

 

am 18. Januar 2013 in Waltershausen

 

 

Die Widersprüche der Reformation

 Hans-Joachim Köhler, Opfr. i.R.                                                          www.pilgernetz.de

 

In den wissenschaftlichen, politischen, wirtschaftlichen und religiösen Umbrüchen der Renaissance und der Reformationszeit flossen die verschiedensten Interessen der damaligen Gegenwart und der damaligen Zukunft zusammen.

 

So kamen aus anfänglichen Anhängern der Reformation neue Richtungen und Strömungen, die ihre besondere Themen in den Mittelpunkt stellten und sich von Martin Luther und seinen theologischen und kirchenordnenden Erneuerungen lösten.

 

Einigen der großen Humanisten und Theologen gingen die reformatorischen Erneuerungen zu weit, anderen nicht weit genug. Wieder anderen Gruppen waren die Reformen zu radikal, noch anderen waren sie dies zu wenig.

Manche Reformatoren, wie Philipp Melanchthon (1497-1560) noch 1530 in der CA, suchten die Annäherung an den alten Glauben herbei zu führen; 

andere, wie Andreas Bodenstein gen. Karlstadt (1480-1541) und Thomas Müntzer (um 1489-1525) und ihre Anhänger,   suchten mit der radikalen Erneuerung der Gesellschaft in den Forderungen des „Bundschuhs“ auch eine radikale Erneuerung des Glaubens und eine radikale Erneuerung der äußeren Formen gemeinschaftlichen Lebens.

 

Die Täufer, Anababtisten (oder verächtlich „Wiedertäufer“ genannt)

 

 

Verschiedene Richtungen der Anabaptisten werden auf dem Titelblatt einer polemischen Schrift gegen die Täufer von 1644 dargestellt. (Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/T%C3%A4ufer)

 

 

 

Die „Augsburger Märtyrersynode“

Die sogenannte „Augsburger Märtyrersynode“ war ein überregionales Treffen süddeutscher, schweizerischer und österreichischer Täuferführer, das vom

 

20. bis 24. August 1527 in Augsburg stattfand.

Ziel dieser Zusammenkunft, die aus rund 60 Abgesandten verschiedener Täufergruppen bestand, war es, in den zentralen täuferischen Lehrauffassungen zwischen den

pazifistischen Schweizer Täufern des Schleitheimer Bekenntnisses (Stöckler) und den apokalyptisch-militanten süddeutschen Täufern um Hans Hut (Schwertler)

zu einer Übereinstimmung zu kommen und mindestens eine Konvergenzerklärung zu verabschieden.

Titelblatt einer polemischen Schrift gegen die Täufer (1644)[1]

 

 

 

Die Auseinandersetzung um die Frage der Kindertaufe

 

Neben den Fragen der Erneuerung der Hl. Messe als Gottesdienst in der Landessprache und einer in der Landessprache gehaltenen Predigt, traten hier Fragen der Bedeutung des Heiligenkultes, des Hl. Abendmahles und der Gültigkeit der Taufe von Kindern in den Vordergrund.

Diese Frage der Taufe von Kindern wurde von den verschiedensten theologischen Richtungen gestellt. Unter ihnen befanden sich radikale aber auch nichtradikale Gruppen.

Sie alle wurden unter dem abwertenden Begriff „Wiedertäufer“ zusammengefasst und in der folgenden Auseinandersetzung und Verfolgung kaum noch unterschieden.

In der Nachfolge des Bauernaufstandes 1525 und der Unübersichtlichkeit der religiösen und politischen Veränderungen durch den Anschlag der 95 Thesen von Martin Luther am 31.10. 1517 folgte auch eine sozialrevolutionär ausgeprägte Frömmigkeitsbewegung, die ihre Wurzeln der Kritik u. a. an der theologischen Frage „Wie kann ich das Reich Gottes auf Erden schaffen?“ und an der Kritik der „Taufe kleiner Kinder“ manifestierte.

Sie richteten sich an der Taufe Jesu durch Johannes den Täufer und an der Formulierung des Taufbefehls aus Mk. 16,15 aus. Dort steht: Und er sprach zu ihnen: „Gehet hin in alle Welt und prediget das Evangelium aller Kreatur: Wer da glaubet und getauft wird, der wird selig werden; wer aber nicht glaubt, der wird verdammt werden.“

 

-          In dem Taufbefehl Jesu Matthäus 28,19 steht: „Darum gehet hin und machet zu Jüngern alle Völker: taufet sie auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des heiligen Geistes und lehret sie halten alles, was ich euch befohlen habe.“ Es gibt also zwei mögliche Reihenfolgen. Die Täufer richten sich nach dem Markus-Evangelium, nach der Taufe des Johannes und der Apostelgeschichte, in der die Erwachsenen nach der Lehre getuaft wurden. Sie sehen eine Voraussetzung der Reihenfolge darin, dass sie vor der Taufe den Unterricht über den Glauben setzten.

 

Damit konnten keine Kinder die Taufe empfangen, da sie erst eine Unterrichtsbefähigung brauchten.

-          Diese Forderung aber stellte die schon in der Frühzeit des Christentums praktizierte Kindertaufe, die sich auf den Ausspruch Jesu im Markusevangelium 10,14 bezieht:

    „Lasset die Kinder zu mir kommen und wehret ihnen nicht, denn ihnen gehört das Reich Gottes. Wahrlich, ich sage euch: Wer das Reich Gottes nicht empfängt wie ein Kind, der wird nicht hineinkommen.“ 

Philipp Melanchthon setzt sich in seiner Schrift Widder die lere der Widderteuffer[2]mit den Tauflehren der Anabaptisten auseinander und führt als Argument noch die Beschneidung der Kinder am achten Tage nach der Geburt an, wie sie an Jesus als Kind noch selbst vollzogen wurde.

Diese beiden Richtungen können nicht einfach harmonisiert werden. Sie müssen nebeneinander stehen bleiben.

 

 

 

Die Täufer in Zella St. Blasii und Mehlis

 

In Zella St. Blasii und Mehlis hatte sich 1527 durch einen Mann aus Hildburghausen, Volkmar, ein langer Mann und Michael von Uthingen, eine Gruppe von Täufern gebildet. Aus den Verhörberichten erfahren wir, dass im Haus der Barbara Unger unter anderem Jorgen Küß predigte.

 

Valtin Unger sagt in seinem Verhör aus, „das er kein Zeichen oder Losung unter ihnen wisse, denn das sie Stecken tragen, fromm (seien), das sie alle Güter gemein(sam haben), und niemand nichts eigenes haben soll“.

Wir erfahren näheres von ihnen.

  

Das Bekenntnis des Wiedertäufers Andreas Kolbe

Quelle: ThHStA Weimar, Ernestinisches Gesamtarchiv Reg. N. Nr. 1025. Bl. 5v

 

A n d e r s   K o l b e hat gutwilligklich bekannt und gesat, er habe sich anderweit lassen taufen. Da habe in ein mann zwberet und underweist, der heißt Volgmar, ein langer mann, sonst wisse er seines namens nit, und sei von Hilpertshawsen. Derselptige habe in getauft auf den Sontag nach Pfingsten [7. Juni]. Denselptigen taufer habe Baltazar Armknecht geholt, und das taufen sei gescheen in Hans Focken haws zu der Cella auf einer kommer und sei gescheen in beiweßen Hans Focken weib und ir mutter  und Jorg Ungers frawen.

 

 

 

Das Verzeichnis der flüchtigen Wiedertäufer

 

„Die awsfluchtigen zw Zella“  (ThHStAWeimar, Ernestinisches Gesamtarchiv, Reg. N 1025 Bl. 3v)

"Hans Fock, der alde schulteis, und sein weib seint nach awsfluchtig; habenn hinder sich gelassenn ein kindt ii (2) jars alt;

 

Balthasar Armknecht mit seinem weib seint nach fluchtigk, haben hinder sich gelassen iiii (4) kinder

Anders Kolbe und sein weib seint nach fluchtig; haben 2 kinder gelassen, 1 knaben 5 virtel Jars alt und ein medlein v (5) jar alt

 

 Jorg Unger ader Bader gnant und sein weib sind noch flüchtig haben vier Kinder gelassen, und hat gar von Gütern nichts, darunter sind 2 Knaben; ist einer10 Jahr alt, der andere 4 Jahre und 2 Mädelein; ist das eine gar blind und ist bei 13 Jahre, das andere bei 12 Jahre. Die sind so versorget (ThHStAWeimar, Ernestinisches Gesamtarchiv, Reg. N 1025 Bl. 4 v) das der älteste Knabe und das Mädlein zu Dienst gethan sind, aber das blinde Mädel und der jüngste Knabe, die hat ein Mann Hans Mohr im Dorf zu sich genomen will sie mit aller Notdurft versorgen, dem sol man geben dies Jahr 1 ½ Erfurter) Mahlkorn,

 

Caspar (R?)Komel und sein weib seint nach fluchtig

Cuntz Eigelers weib ist nach fluchtig, hat ein kind gelassen, das vorsurget sein vatter.

Die Focken Peter mit irrer dochternn seint fluchtig, hat ein boes haws gelassen, ist nichts wert.

 

Peter Konigks weib ist nach fluchtig mit irer maidt."

 

 

 

Ereignisse der Jahre 1527 – 1528 in Zella St. Blasii und Mehlis

(nach Paul Wappler S. 48f), der sie aus den vorhandenen Protokollen und Briefen zusammengestellt hat und eigenen Recherchen:

 

Schon um 1520                 sind erste Bewegungen der Täufer in Süddeutschland und der Schweiz

                                              zu erkennen.

 

Ende 1526                          breitet sich die Täuferbewegung aus.

                                             Volkmar der Lange aus Hildburghausen

                                             und Michel von Uettingen aus Eisfeld breiten                                               

                                             die Lehre in unserer Gegend aus.

 

1. Januar 1528                   war eine Überrumpelung der Stadt Erfurt geplant.[3]

                                              

 Anf. Juni 1528                  wurden zu Hallenberg im Gebiet der Grafen von Henneberg die ersten Verhaftungen  

                                             vorgenommen. [4]                             

Dies scheint unter der dortigen (Zella St. Blasii und Mehlis)Bevölkerung einen solchen Schrecken verursacht zu haben, daß sich jetzt in Zella St. Blasii zahlreiche Wiedergetaufte demselben Schicksal durch die Flucht entzogen.“ (S. 48)

 

18. Juni 1528                     Brief Kurfürst Johann der Beständige von Sachsen an

                                              Burkhard Hund betr. die Wiedertäufer zu Mehlis.[5]

 

2. Sept. 1528                     Briefe Hans von Honigen an Kurfürst Johann                                        

                                              die Wiedertäufer zu Zella St. Blasii betreffend.[6]

 

1529                                    muss nach dem Verhörprotokoll von 1530 schon einmal ein Verhör der

                                             „Ausflüchtigen tzue Celle“ gewesen sein. Sie wurden wieder frei gelassen.

 

10. Jan. 1530                      Verhör von 9 Täufern in Reinhardsbrunn (mit Verhörprotokoll[7])

 

                                               Im Verhörprotokoll stehen die Namen:

 

                                               1. Christoff Ortlepp, 2. Elsa Cuntz, 3. Barbara Unger, 4. Katharina König,

                                               5. Anders Kolb, 6. Katharina Kolb, 7. Osanna Ortlepp, 8. Balthasar Armknecht

                                               9. Valtin Unger[8], 10. Balthasar Armknechts Weib[9], 11. Jorge Unger[10]

 

 

18. Jan. 1530                      Hinrichtung von 6 Täufern, die nicht widerrufen hatten.

                                               Davon sind vier aus der Liste der Flüchtigen aus Zella St. Blasii nachweisbar.

 

Barbara Unger                                Zella St. Blasii

Andreas Kolb,                                  Zella St. Blasii

Katharina Kolb,                               Zella St. Blasii

 

Christoph Ortlepp,                                         ? [11]

 

Katharina König                              Zella St. Blasii

und Elsa Kuntz,                                               ?

 

 

Das Kloster Reinhardsbrunn zur Zeit der Reformation

Von der Klosterkirche Reinhardsbrunn steht ein Modell im Klosterpark Reinhardsbrunn.

 

 

Foto: Hans-Joachim Köhler

 

 

 

Gefangennahme und Verhör

Barbara Unger wurde gefangen genommen, 10 Tage verhört und am 18. Jan. 1530 mit 5 anderen Täufern, Andreas Kolb, Katharina Kolb, Christoph Ortlepp, Katharina König und Elsa Kuntz, in Reinhardsbrunn hingerichtet.

Über dieses Verhör gibt es im Hauptstaatsarchiv Weimar EGA Reg N Nr. 1026 einen Verhörprotokoll.   In diesem steht[12]:

 

„Montags nach Erhardi Anno MD XXX Ist Churfürstlichen bevelh nach, mit den widertäufferen ßo ihn Reihartisborn gefenglich eingetzogen, und mit nahmen sie nacheinander vertzeichnet sind, Handlung gehapt, wie volget,

 

Erstlich, sind sie, yhr yeder besonders fürgenomen und yhnen auffs ernstlichste fürgehalten wirden, was sie getriben tzu Gotha und Jorgenthaal unchristlicher Irrsal wider gott, auch grosses beschwerlichen und auffrhürischen fürhabens widder yhre ordenliche obrikeit und derselbigen unterthanen für sich selbst vngenottiget bekannt und offenbaret hetten.

Als sie aber darauff gar nichts wolten antwortten haben wir abermals yhr yeden in sonderheit fürgenommen und uff die vermanung, ßo yhnen yn gemein bescheren gefraget, was sie endlich gesynnet weren, und haben darauff antwort geben, yhryeder wie volget,“

 

1.     Christoph ortlep, er woll bey seiner widerruff und angenommen lehr bleiben

2.     Cuntzen Elsa                )

3.     Barbara ungerin            )        auch also

4.     Catharina konigin      )

5.     Catharina kolbin antwortet, sie woll bey der Widertauff bleiben, unangesehen, das sie in der ersten verhore gesagt, sie wole es bey yher offentlichen gethanen Widerruffung bleiben lassen,

6.     Anders kolb hat auff der widertauff auch beharren,

7.     Osanna ortleps sagt, sie woll bey dem unterricht ßo yhr fürmals und mir itzo widerumb besteen bleyben, und yren Irthum nochmals wie hiebevor bestendiglich wideruffen haben,

8.     Balthasar armknecht sagt auch, er wol es bey seiner gethanen Widerruffung hinfordan, wie bys anher bleiben lassen, und mit den widerruffen gar nichts tzu schaffen haben,

9.     Valten Unger bekent, das er geyrret und unrecht gethan, bitt umb gnad und puße,“

 

Der Ort des Verhörs

 

Über den Ort des Verhörs lassen sich nur Vermutungen anstellen. Offizieller Ort des Verhöres war das Gefängnis, von dem es im ThStAGotha Geheimes Archiv OO II 15 D Bl. 13 noch eine Zeichnung gibt.[13]

 

 

S. Löffler hat sie in seinem Buch „Die Geschichte des Klosters Reinhardsbrunn“      (S. 206 f.) veröffentlicht.

Er schreibt dazu:

 

„…Sie wurden verhört, zum Teil unter Folter, und von den Predigern aus Gotha und Eisenach   `aufs freundliche unterwiesen´. Doch blieben sie unerschütterlich bei ihrem Bekenntnis.

…“

  

 


 

Bild aus S. Löffler Geschichte des Klosters Reinhardsbrunn, Erfut Waltershausen, 2003 S. 263                

(StAG GA OO II 15 D Bl. 13)

 

  

Die Hinrichtung am 18. Januar 1530

 

Die Hinrichtungsstätte des Klosters Reinhardsbrunn war nach S. Löffler (S. 81[14] ) wohl das Gericht am Igelsteich.

 

 

Karte mit dem Eintrag als Gerichtsstätte am Igelsteich aus „Ernstroda“.

 

Die Todesart war nach Wappler (S. 221) die Hinrichtung mit dem Schwert.

 

Ich habe aber keinen weiteren Hinweis auf die Todesart gefunden.[15]

 In anderen bezeugten Fällen ist die Hinrichtung von Täufern mit dem Schwert als eine Erleichterung der Todesart als „besondere Gnade“ bezeugt.

 

S. Löffler S. 207 schreibt weiter:

… und so wurden sie im Januar 1530 in Gegenwart „Edler Räte“, der Amtleute und der Adligen der Umgegnde und einer riesigen Volksmenge‚ “entleibt“ (wahrscheinlich verbrannt).

 

 

 

 

Justus Menius

Von Justus Menius in seinem Buch „Der widderteuffer Lere und geheimnis…Wittemberg MD XXXIIII.“ erfahren wir näheres über das Leben, den Glauben und die Umstände der Verhaftung aus der Sicht derer, die das Verhör geführt haben.

 

 

 

Wie beurteilen wir diese Zeugnisse über die Verhöre heute?

 

Aus unseren neueren Erfahrung dürfen wir annehmen, dass die, welche das Verhör führten ihre individuelle Wahrheit aufschrieben. Sie haben aber schon mit der Fragestellung die Antworten manipuliert.

Ich möchte mein Leben als Diakon in der "offenen Jugendarbeit" und als Pfarrer in den Zeiten der DDR von 1945-1989 auch nicht auf die Aussagen und schriftlichen Zeugnisse von Mitarbeitern der Stasi beschränkt sehen.

Ähnlich müssen wir diese Aussagen von Friedrich Myconius und Justus Menius über die gefangenen und verhörten Täufer aus einer neuen Sicht sehen und beurteilen.

 

 

 

Friedrich Myconius hat die Täufer in Reinhardsbrunn mit verhört. Er schreibt in seiner Geschichte der Reformation: "Müntzer, der Anfänger der Aufruhr und der Wiedertauf...". Auch Justus Menius bezieht sich im oben abgebildeten Ausschnitt im letzten Satz auf diese Verbindung mit Thomas Müntzer. 

Nur aus dieser Verbindung läßt sich das harte Vorgehen der Reformatoren gegen die Täufer erklären, die keine Toleranz erkennen läßt.

 

 

 

 

Menno

 

Der Name Mennoniten (historisch auch Mennonisten, oder Mennisten) leitet sich von dem friesischen Täuferführer

Menno Simons (1496-1561) ab, der im 16. Jahrhundert täuferische Flüchtlingsgemeinden in den Niederlanden, Friesland, Norddeutschland sowie in Preußen organisierte.

 

Bereits früh wandte sich Menno Simons von den gewaltbereiten Täufern ab.

 

 

Siehe auch:

http://www.mennlex.de/doku.php?id=art:simons_simonszoon_menno

http://de.wikipedia.org/wiki/Menno_Simons

 

 

Neben den apokalytisch- sozialkritischen Anführern des Bauernkrieges, aus denen auch ein großer Teil der Täufer hervorgekommen ist, gab es „die Stillen im Lande“ die „Stöckler“die ihren täuferischen Glauben im Gegensatz zu den „Schwertlern“ gewaltlos leben wollten.

Sie wurden wegen ihres apokalyptischen Glaubens (der Wiederkunft Christi nach der Offenbarung Johannes des Täufers) und ihrer Vorstellung, dass die Türken als Strafe Gottes in der gegenwärtigen Zeit das Endgericht über diese Welt bringe, zusammen mit den gewaltbereiten Täufern als eine Gefahr für das Gemeinwesen angesehen, verfolgt und getötet. Diese Verfolgung geschah in den protestantischen, aber auch in den katholischen Ländern.

 

 

Von Werner Tübke (1929-2004)

gibt es in seinem Panorama-Bild im Panorama-Museum Bad Frankenhausen "Die Frühbürgerliche Revolution in Deutschland, 1983-1987) den Brunnen der Weisheit. Sie können dieses Bild auf folgendem Link sehen: http://www.panorama-museum.de/monumentalbild.html

Auf ihm sind als Personen der Reformation und der Renaissance von links nach rechts dargestellt:

Hans Hut                 als Vertreter der Täufer

Melchior Rinck,         als Vertreter der Täufer

 

(Vertreter der „Stillen im Lande“ fehlen hier.)

 

 weiter hat er Hans Sachs, Peter Vischer, Adam Kraft, Tilmann Riemenschneider, Jörg Ratgeb, Albrecht Dürer,

Martin Luther, Lucas Cranach d.Ä., Sebastian Brant, Philipp Melanchthon, Erasmus von Rotterdam, Ulrich von Hutten, Nikolaus Kopernikus, Paracelsus (Theophrastus Bombastus von Hohenheim), Christoph Kolumbus, Johannes Gutenberg, Jakob Welser und Jakob Fugger dargestellt.

Sie schöpfen alle aus diesem Brunnen der Weisheit und gaben durch ihr Wirken neue Weiheit hinein.

 

Wir wissen heute:

 

-          Der alte Glaube in seiner Beständigkeit,

-          die humanistischen Ideen der Renaissance,

 

-          die religiösen Erneuerungen und spätere Neuordnung des kirchlichen und gesellschaftlichen Lebens 

           durch Martin Luther,

 

-          die sozialkritischen Veränderungen durch den Bundschuh und Thomas Müntzer,

-          die sich daraus entwickelnden religiösen Anschauungen der Täufer und ihre Leiden, gehören auch in die Geschichte der Reformationszeit.

 

 

An dieses unübersichtliche Geschehen, dass von allen Seiten wenig Toleranz zeigte, soll in dieser Dekade und besonders im „Jahr der Reformation und Toleranz“ zur Vorbereitung des 500jährigen Reformationsjubiläums 2017 erinnert werden.

 

Es bleibt unserer Zeit überlassen, besonders in diesem Jahr 2013 der Reformationsdekade mit dem Thema

„Reformation und Toleranz“ die dritte reformatorische Gruppe der Täufer in ihrer historischen Notwendigkeit anzuerkennen, ihrer zu gedenken und zu würdigen.

Sie, die Menschen, die am meisten unter der Verfolgung litten und trotzdem an ihren Glauben festhielten, dafür sogar ihr Leben gaben, um mit ihrem Leben ein besonderes Zeugnis von Gott dem Herrn zu geben.

 

Im Gottesdienst zur Elften Lutherischen Weltbund-Versammlung

am 22. Juli 2010 in Stuttgart

und am 18. März 2012 in der Kirche Zella St. Blasii in Zella- Mehlis

blickten wir zurück und bekannten:

 

„Heute sind wir zusammengekommen, um gemeinsam auf unsere schmerzhafte Vergangenheit zu blicken, die uns getrennt hat.

Wir erinnern uns daran, wie anabaptistische Christen und Christinnen Leid und Verfolgung erfuhren

(Zusatz in Zella St. Blasii: „In besonderer Weise gedenken wir der Menschen aus Zella St. Blasii, die 1530 hingerichtet wurden.“)

und wie einige unserer hoch geachteten Reformatoren diese Verfolgung im Namen der Glaubenstreue verteidigten.

Wir kommen mit tief empfundenen Bedauern und Schmerz.

Wir wenden unsere Herzen Gott und einander zu, um die Missetat zu bekennen.

Wir hungern und dürsten nach einem Neuanfang.

 

Zeugnis zur elften LWB-Vollversammlung

In Stuttgart wurde am 22. Juli 2010 im Bußgottesdienst an das Leben und Sterben von Barbara Unger gedacht.

 

Zeugnisse: Der Preis der Verfolgungen und ihr Erbe

(Frieder Boller, Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Mennonitischer Gemeinden in Deutschland)

 

Barbara Unger war eine junge Mutter von 4 Kindern. Gemeinsam mit anderen hatte sie sich 1529 taufen lassen. Es war ihr JA zur Nachfolge Jesu und ihr JA, mit Brüdern und Schwestern erkennbare Gemeinschaft zu leben. So wollten sie Gemeinde sein, die den Leib Christi verkörpert – indem auch Gerechtigkeit, Gewaltfreiheit und Feindesliebe im täglichen Leben praktisch werden. Sie und die anderen Täuflinge waren vorbereitet auf das, was kommen könnte. „Wer ein rechter Christ sein wolle, müsse alles verlassen, was er habe, und Verfolgung leiden bis in den Tod.“ waren sie gewarnt worden. Nein Martyrium wurde damals weder gesucht noch verherrlicht. Es wurde nur erlebt und akzeptiert als unvermeidliche Folge ihres Zeugnisses. Das war verwurzelt in dem Vertrauen: „Wer will uns scheiden von der Leibe Christi…“ (Römer 8, 35)

Barbara Unger wurde, kaum 18 Monate nach ihrer Taufe, mit anderen in Reinhardsbrunn/Thüringen am 18. Januar 1530 hingerichtet.

Vielfach dokumentiert ist, dass die damals Verfolgten ihren Peinigern bereits vergeben haben. Sie taten es im Sinne der Vater Unser Bitte und mit Blick auf Jesu Gebet „vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun“.

Dabei rufen uns die damaligen Blutzeugen auch Jesu Wort in
Erinnerung: „Siehe, ich sende euch wie Schafe mitten unter die Wölfe.“ (Mt10,16) So sehen wir uns heute ernsthaft konfrontiert mit der unbequemen Frage:   „ Wofür wäre ich bereit zu sterben?“ Was sind wir – um Himmels Willen – bereit aufzugeben, loszulassen? Wofür leben wir und setzen wir uns bis zum letzten ein?

Das Zeugnis täuferischer und anderer Märtyrer fordert uns heute in unserer nachchristlichen oder nichtchristlichen Gesellschaft heraus, als Leib Christi zu leben. Dafür verweisen sie uns auf Jesus. Der ermahnt und ermutigt uns, Gottes-Schalom Gemeinschaft zu leben, prophetisch in diese Welt hinein zu sprechen, gewaltfrei zu handeln, dienend zu leben, versöhnend zu wirken. Und nicht zuletzt Menschen einzuladen und zu begleiten in die gemeinsame Nachfolge Jesu.

 

Am 18. Januar 2013 wurde im Kloster Reinhardsbrunn zur Eröffnung des Themenjahres "Reformation und Toleranz" mit Landesbischöfin Ilse Junkermann und Minister Matschie eine Stele zur Erinnerung an die hingerichteten Täufer eingeweiht.

 

 

Bilder der Reformation

 

Martin Luther

 

Die Intoleranz der Toleranz

 

Martin

Du fordertest Toleranz

In einer Zeit der Intoleranz

Und standest intolerant

Und mächtig vor Kaiser

Papst und Reich

 

Das wurde Dir zur Ehre

 

Dann öffneten sich die Schleusen

 

Die Grenzen zwischen

Toleranz und Intoleranz

Schwammen

In der Unübersichtlichkeit

Der Zeit dahin

 

Was war tolerant?

Was intolerant?

 

Was wendete sich

Tolerantisch

Zu Intoleranz?

 

Du suchtest

In den Wirren der Zeit

Intolerant

SEINE Akzeptanz

 

© byhansjoachimkoehler@msn.com

 

Martin

 

Gefangen in der

Intoleranz der Zeit

Trafst Du

Dich berufend auf IHN

Die Entscheidung

Der Intoleranz

 

Auslösend

Eine neue Flut

Von Intoleranzen

Die Du

Eine Richtung weisend

Bekämpftest

 

Ach Martin

 

Das Neue

Das intolerant du gebracht

Wurde intolerant

Zu den Intoleranzen

Der Alten und

Neuen Zeit

 

So warst auch du

SEINE neue Zukunft weisend

Gefangen

In den Intoleranzen

Deiner Zeit

 

 

 

© by hansjoachimkoehler@msn.com

 

 

Barbara Unger

(Eine Täuferin aus Zella St. Blasii,

die 1528 ihre Kinder verließ, floh,

1530 gefangen und verhört,

dann am 18. Januar 1530

mit fünf anderen Täufern

in Reinhardsbrunn

wegen ihres Glaubens

hingerichtet wurde)

 

Gefangen

In der Intoleranz

Der Zeit

Warst Du

Barbara Unger

 

Die Du stehen wolltest

Und kämpfen

Für soziale Gerechtigkeit

Und Freiheit der Taufe

 

Nun musstest

Du fliehen

Und leiden

Und sterben

 

Deine Intoleranz

An der Intoleranz

Der Zeit

Reiben

 

 

© by hansjoachimkoehler@msn.com

 

 

 

  Foto: Hans-Joachim Köhler
 

Re-Formation

 

Format: C

Nutze dann

Wenn nichts

Mehr geht

 

Dann, wenn

Die Festplatte

Voll ist

 

Dann, wenn

Das System

Überfrachtet verzettelt

Vor sich hin dümpelt

 

Dann, wenn

Der Absturz

Nicht mehr aufzuhalten

Davon galoppiert

Als gelte es den Sieg zu erringen

 

Dann ist sie notwendig

Die Not zu wenden

Den vollkommenen Absturz

des Systems zu verhindern

 

Dann ist die Zeit

Der Re - Formation

 

Dann stehe zu ihr:

 

Wie er

In der Zeit

 

Der Reformation

 

 

 

 

 

 

          © by hansjoachimkoehler@msn.com

                                                              



 

[1] http://de.wikipedia.org/wiki/T%C3%A4ufer

  

[2] In Justus Menius Der widderteuffer Lere und geheimnis Aus heiliger Schrift widerlegt, Wittenberg MD XXXIIII. S. 282 ff. in

 

[3] R. Herrmann, Thür. Kirchengeschichte II, Weimar 1947, S. 84.

 

[4] Paul Wappler, Die Täuferbewegung in Thüringen von 1526-1584, Jena 1913 S. 48.

 

[5] ThHStAW EG Reg. N 1020

 

[6] ThHStAW EG Reg. N 1025

 

[7] ThHStAW EG Reg. N 1026, Justus Menius Der widderteuffer Lere und geheimnis, Wittemberg MD XXXIIII

 

[8]sagt, das er kein tzeichen oder losung unter yhnen wysse, dannen das sie stecken tragen, from sagt das sie alle gütter gemeyn, und niemand nichts eigens haben soll“.

 

[9] Weil sie ein „säugendes Kind“ hat ist sie „nicht eingetzogen, sondern zur Cella in yhrer behausung gelassen, auch dißmal unverhoret blieben“.

 

[10]ist noch, wie im ersten bericht vermeldet, ausflüchtig“.

 

 

[11] Getauft von Michael von Uthingen aus Essfelden bei Coburg. Aus welchem Ort er stammt, geht aus dem Protokoll nicht hervor.

 

 

[12] ThHStAW EG Reg. N 1026 Bl. 5v

 

[13] Ich habe in der unten stehenden Zeichnung den „Frauenturm“ eingekreist.

 

[14] „Die Richtstätte mit Galgen und Rad lag weitab vom Kloster im Nordteil des Eigens, am Leinaer Weg, etwa in der Mitte zwischen Espenfeld, Cumbach und Rödichen.“

 

 

[15] Leider habe ich auch bei Wappler keine Signatur dieser Quelle gefunden.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Der Igelsteich, Foto: Hans-Joachim Köhler

 

 

 

 

 

 

 

 


 

 

Friedrich Myconius

 


Hans-Joachim Köhler, Oberpfarrer i. R. | hansjoachimkoehler@msn.com